Auf dem Weg in die Ukraine

Nächste Woche gehe ich für zehn Tage in die Ukraine: nach Kiev zur römisch-katholischen und zur griechisch-katholischen Caritas der Ukraine, nach Ternopil und nach Lemberg / Lwiw. In Lwiw helfen wir behinderten Kindern / Jugendlichen, in Ternopil dem „Doppelwaisenhaus“ „Holy Family“ und in Kiev dem Ferienprojekt für jährlich 2800 gesundheitlich beeinträchtigte Kinder (Tschernobyl) aus sozial schwachen Familien, denen im Sommer drei Wochen Ferien mit medizinischer Betreuung ermöglicht werden.

Seit jeher ist die Ukraine das Land Dazwischen, Grenz- und Durchgangsland, nach allen Seiten offen, flach, von großen Flüssen – Dnjeppr und Dnjestr, … – als natürlichen Verkehrswegen durchzogen, jenseits der Stromschnellen von Zaporoschnje Heimat der Kosaken. Die Westukraine mit ihrem Zentrum Lemberg / Lwiw war lange Teil des polnischen Jagiellonen-Großreiches, das vom Baltikum bis zum Schwarzen Meer reichte, der Osten, heute Region des Bergbaus und der Schwerindustrie, gehörte immer zu Russland – als Kleinrussland. Und die Ukraine war die Kornkammer Russlands. Stalin bestrafte sie mit einer künstlich erzeugten Hungersnot, die Millionen Menschen das Leben kostete, Chrustschow, selbst Ukrainer, schenkte ihr die Krim, und 1986 brannte der Atomreaktor von Tschernobyl durch, der dann bis heute vorwiegend nach Norden hin Weißrussland und Finnland verseuchte.

Die moderne Ukraine trägt ihre rund 1000-jährige Geschichte, und sie trägt an ihr. Das Land leidet an einer Ost-West-Teilung mit der jeweiligen Orientierung nach Westen und nach Russland, was der Politik eine gewisse Ambivalenz und Instabilität sowohl im Innern wie auch nach außen verleiht. Und das Land leidet an dem unseligen Erbe von Tschernobyl, das sich bis hinein in die Genetik der folgenden Generationen fortpflanzt. 60 Prozent der Bevölkerung sind auf einer ersten (Schilddrüsenreaktionen) von vier Stufen betroffen. Niemand spricht darüber in der Ukraine. Es wird hingenommen, ertragen wie das Wetter.

Das alles auf einer wirtschaftlich und sozial schwachen Grundlage mit den typischen Problemen der östlichen Reformländer: niedrige Durchschnittseinkommen, eine schreiende Diskrepanz zwischen einer hauchdünnen Creme unvorstellbar Reicher und der Masse der normalen Armen, schwache soziale Sicherungssysteme als Folge des Fehlens entsprechender gesetzlicher Grundlagen, Arbeitslosigkeit, Alkoholismus, Arbeitsmigration, zerbrochene Familien; am härtesten betroffen, wie immer, die Kinder, die alten Menschen und die Kranken als die schwächsten Glieder einer Gesellschaft. – Braucht die Arbeit der Caritas mehr an Legitimation?

Hubertus Janas

Hilfsprojekte im Ausland

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